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Grosseinkauf mit Kindern: Ab und zu kann man das schon als Last empfinden, meint unser Kolumnist Zedmic. |
Und wenn ich schon zu spät bin, wollen sie noch spielen. Ist das normal? Alf H. aus B.
Paolo Zedmic: Ja, meine machen das auch immer. Das ist das Perfide an der kindlichen Konstitution: Niemand macht einem Kind Vorwürfe, wenn es zu spät kommt. Es ist ja noch nicht selbstständig. Ha! Aber wenn Papa wegen den Kleinen den Zug verpasst, ist er selber schuld.
Mein Gott, mir reichts langsam. Nein, mir reichts schnell! Ich könnte mir vor Ärger einzeln die Haare ausreissen, wenn das nicht so lange dauern würde. Meine Kinder foltern mich richtig mit ihrem Dienst nach Vorschrift. Genau extra dann, wenns pressiert!
Wie eine hämische Horde von Pünktlichkeitspunks machen sie alles schlimmer. Verspätung hoch drei. Und die lernen das nie! Meine Linda, diese Schlange, ist ja jetzt schon 19, also praktisch erwachsen, aber noch immer zu spät.
Und die Leute lachen blöd,wenn ich viel zu lange habe beim Einkaufen, weil Achim
nicht nachmag. Dieses Nilpferd! Dabei versuch ich ihn mit allen möglichen Zückerchenzu
motivieren, dass es etwas schneller geht. Aber das hilft im Gegenteil! Vom Süssen wird er noch schwerer und immer lahmer. Du kennst das ja, mit den Zwillingen: Du schiebst 100 Kilo durch den Migrosladen, musst den Lift nehmen, findest nichts als Umwege und verlierst Zeit wie Sand am Meer. Und nach dem Einkaufen bleibt Achim immer im Einkaufswägeli stecken, weil er im Laden genascht hatwiewild. Für solche Sachen hat er immer Zeit. Dabei wollte ich nur einen Wecker kaufen, als Geschenk für Linda, aber dafür hat die Zeit vor lauter Schimpfen nicht mehr gereicht.
Es ist zum Wegrennen
Der Gesellschaft ist das egal. Die findet das auch noch gut, dass die Kinder keinen Termindruck
kennen. Ich habe bei meinem Job im Hallenbad einmal eine Ausrede ausprobiert.
Statt dem üblichen «Panne» oder «Stau» sagte ich «Kinderstress». Der Chef schüttelte nur verständnislos den Kopf und empfahl mir, beim nächsten Mal gleich die Kinder mitzunehmen, in einen Sack zu stecken und mir um den Hals zu binden und damit ins Bassin zu hüpfen. Mein Chef ist
eben sehr unverständlich und ein bisschen geschmacklos.
Aber das passt ins gleiche Bild, sagt Basil, mein philosophischer Freund. Wer die Macht hat, macht den Terminplan. Wer folgen muss, hält ihn ein. Nur bei den Kindern ist es anders herum! Jaja, woher können sie wissen, was Zeit bedeutet? Sie verstehen es noch nicht. Aber trötzeln und tändeln
können sie. Und wer kommt zu spät? Der Erwachsene. Wir sind die Trottel!
Jede Hilfe kommt zu spät
Zum Glück hast du mich nicht um einen Rat gebeten, lieber Alf. Weil es gibt kein Kraut gegen Verspätungen. Und gegen Bremsen auch nicht! Meine Ex Alice sagte übrigens immer, Kinder sind wie Bremsen. Es ist zum Weglaufen, was ja leider verboten ist. Und wenn man mal Zeit hätte, um gar nichts zu tun, wollen sie unterhalten werden und versäumen dich.
Kinder sind ein Hobby rund um die Uhr. Wenn ich einen Erfinder treffe, sage ich ihm, ob er Kinder erfinden könnte mit Pausenfunktion. ZumVerschnaufen, weisst du. Das wäre für Papa wie auch für die Kinder gut, beide könnten sich schnell erholen.
Aber was träume ich, wahrscheinlich treffe ich nie einen Erfinder. Und wenn, dann hat er sicher keine Zeit, mich nach meinen Wünschen zu fragen. Oder ich käme nicht dazu, weil mich mein Louis terrorisiert. Was gibt es für einen Trost? Das Ganze geht schnell vorbei, das sagen alle Eltern. Ich auch: Du gehst auf den Balkon und kratzt dich am Hals. Und wenn du wieder herein kommst, sind deine Kinder gross und du alt. Dann haben wir Zeit. Endlich!
Paolo Zedmic (42) ist Hausmann und Abwart. Zudem hütet er widerwillig fünf Kinder zwischen 3 und 26 Jahren rund um die Uhr.
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echt? danke!