Sonntag, 24. Februar 2019

Sind Grosseltern sichere «Gaumer»?

Der Pfeifenraucher ist gleichzeitig Opa und erziehungsberechtigt: Sein Lächeln scheint gequält, mit einer Note Stolz.
«Meine Töchter (2 und 4 ) sind herzige Engel. Zwei Tage pro Woche werden sie von meinen Eltern gehütet. Alle Beteiligten sind danach leider nervlich am Ende. Wie weiter?» Ida C. aus E.

Paulo Zedmic: Meine Antwort ist simpel: Selber machen macht feiss. Erziehung kann man nicht delegieren. Deswegen sollte man es auch nicht tun. Nimm deine Töchter selber an die kurze Leine, solange du ihnen körperlich noch überlegen bist.
Es ist vielleicht hart, der Versuchung zu widerstehen, wenn Grosseltern sich aufdrängen. Manche Rentner haben ja mitunter nichts anderes zu tun und haben jahrelang auf Enkelkinder gewartet, nur um wieder jemanden herumkommandieren zu dürfen, der sich auch nicht beschwert, wenn sie rauchen.
Meine eigene Mutter lebte zum Glück nie gleich nebenan, sie war mir überhaupt über weite Strecken sehr fern. Der Kontakt zu meinen vielen Schwiegereltern ist leider nicht weniger schwierig: Alle fünf haben diametral abweichende Erziehungsgrundsätze.
Geduld bringt Schonung
Tja, Deine Eltern sind aber selber schuld, wenn sie sich den ganzen Stress nochmal antun. Vielleicht haben sie beim ersten Mal etwas falsch gemacht. Andererseits sparen sie sich durch die körperliche Aktivität Fitnessabo und Altersturnen. Finanziell ist also vielleicht ein willkommener Zustupf zur AHV. Und es gibt auch für Aussenstehende kein schöneres Bild als ein kleiner Fratz, der einem hinkenden Rentner mit fuchtelndem Stock davonrennt.
Natürlich ist es hierzulande besonders weitverbreitet, Kinder in die Obhut von Grosseltern zu parkieren. Wenn ich es genau überlege, ist das eine der wenigen Gemeinsamkeiten aller Mütter meiner Kinder.
Sämtliche haben Erziehungspflichten so rasch wie möglich outgesourct. Ich sehe ja auch die Vorteile des Abgebens: Man schont die eigenen Nerven. Vielleicht ist es auch, je nach Temperament der Gaumenden, für die Kinder besser, wenn sie nach Strich und Faden verwöhnt werden, als wenn sie zu Hause ständig die harte Hand und die laute Stimme ihres Erziehers spüren.
Kindische Kapriolen
Aber die Nachteile sind ebenso krass. Als Achim mal von Inges Mutter gehütet wurde, tat er immer extra blöd. Zertrat absichtlich ihre Brille, mixte sich in der Küche Cocktails aus allerlei Lebensmitteln und fütterte sogar ihrem armen Hund extra eckige Nüsse, dass er fast verschied. Ich weiss nicht, was in ihn gefahren war. Denn Achim ist zu Hause der Unproblematischste von allen. Man muss ihn von Natur aus zu nichts antreiben und nie bremsen: Ein Sack Chips auf den Tisch, eine Playstation ON, und er ist zufrieden.
Ich glaube, es gibt ein Muster: Grosseltern holen gern das Schlechteste aus Kindern heraus. Veros Papa hat den Louis auch nur ein einziges Mal zu sich genommen. Kaum war der kleine Dachs abgegeben, konnte Louis nicht mehr laufen. Grosspapa schwang ihn zuerst voller Enthusiasmus auf den Rücken – und holte sich prompt einen Hexenschuss. Nachher wollte er ihn dann nie mehr hüten.
On the job training
Mein Rat lautet: Nehmen Sie Kinder wenn immer möglich zur Arbeit mit! Gibt es einen Job, wo das nicht geht? Gerade Kleinkinder sind unauffällig, man kann sie gut in einem Rucksack oder einem Reiserollkoffer verstecken.
Auf engem Raum lernen sie auch gleich, stillzusitzen. Im Vorschulalter lernen sie ja überhaupt so viel! Alle meine Sprösslinge lernten wie von selbst Ordnung halten und schwimmen, weil ich sie Tag und Nacht an alle meine Arbeitsstellen mitschmuggelte. Natürlich nur so lange, bis sie auf eigenen Füssen stehen. Aber mit meiner Methode ist das zwischen 3 und 4 Jahren der Fall.

Paulo Zedmic (43) hat sechs Kinder von sechs verschiedenen Müttern in seiner Obhut. Um die Münder zu stopfen, arbeitet er u. a. im Hallenbad und pokert nachts.

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