Dienstag, 9. April 2019

Wie lange machen Sie das noch mit?

Da grämt sich einer, und zwar mit Recht: Das Leben ist dem Zedmic über den Kopf gewachsen. Was soll er tun?
«Ich habe zwei Kinder, die rasend wachsen und mich täglich vor neue Probleme stellen.
Ich frage mich, ob das je aufhört?»
Petra L. aus O.

Paulo Zedmic: Ei, dass du mir diese Frage gerade jetzt stellst, wo ich mich aus den langen Ferien in den Erziehungsalltag zurückkämpfe. Es mag dich angesichts meines üblichen Papa-Enthusiasmus überraschen, aber ich gestehe: In mir schwelt schon lange heimlich der Gedanke, den Bettel hinzuschmeissen.
Aber wie? Elternschaft ist bekanntlich unkündbar, einmal abgesehen von den herzzerreissenden Storys über ausgewachsene Kinder, welche ihrer Mama ohne Grund den Rücken kehren. Ethisch ist das wohl i. O., niemand will immer Kind sein.
Verpönt sind allerdings Väter und Mütter, die sich frühzeitig aus der Verantwortung stehlen. Trotzdem möchte ich nachfolgend ein paar Auswege skizzieren. Der Einfachheit halber gehe ich dabei Schritt für Schritt vor und nehme Zögling für Zögling. Keine Angst, ich werde niemanden im Wald aussetzen – einfach nur den Job anständig zu Ende bringen. Wie beim korrekten Herunterfahren des Computers oder: Programmfenster für Programmfenster schliessen.
Auf eigenen Füssen
Mein Ältester stellt mich dabei vor die geringsten Probleme. Sebastian (27) ist ja längst erwachsen, hat eine eigene Wohnung und kommt ohne mich aus. Meine Ratschläge haben bei ihm sowieso nie gefruchtet.
Was soll man sagen? Sebastian war halt der erste Erziehungsversuch und damit entschuldigt. Wenn er zwischendurch ein wenig Diebesgut oder irgendwelche Medis im Hallenbad zwischenlagern möchte, werde ich deshalb auch weiterhin grosszügig wegschauen.
Daran ändert sich nichts und ich werde mich auch freuen, sollte ich ihn beim Pokern antreffen.
Die liebe Linda
Meine Linda (19) liegt mir schon viel mehr am Herzen. Dir kann ich das ja sagen, vor meinen Kindern würde ich das gerechte Gegenteil behaupten. Linda geht auch noch zur Schule, dreht Ehrenrunde um Ehrenrunde, sie will einfach nicht reif für die Matura werden, was für weiteres Kümmern spricht. Obwohl: Sie bleibt gern ganze Nächte weg, ist also auch irgendwie selbstständig. Vielleicht weisst du noch gar nicht, dass Linda gegen ein bisschen Sackgeld schon länger meine Schreibarbeit erledigt. Und weil ich auf sie als die eigentliche Verfasserin hinter meinen Kolumnen angewiesen bin, werde ich dieses Fenster ziemlich sicher noch eine Weile offenlassen.
Ein schwerer Fall
Wenn es ein herausragendes Problemkind unter meinen Zöglingen gibt, dann ist das wohl Achim. Oder doch Louis? Nein, allein wegen seiner Form ist Achim buchstäblich der gewichtigste meiner Erziehungsfälle und dürfte entsprechend schwer loszuwerden sein. Wobei, da fällt mir gerade ein, dass ich einfach seinen Computer bei seiner Mutter Inge installieren müsste. Weil Achim nicht davon wegzubringen ist, würde er einfach mitgehen. Inge wird die zusätzlichen Auslagen für Esswaren, vornehmlich Snickers, Pralinato und Seven-up, verkraften. Müsste klappen, oder?
Unternehmerischer Impuls
So viel für den Moment. Man soll nicht zu radikal sein, im Beruf wie in der Erziehung. Was mit den Kleinen, Louis, Feliz und Nils passiert, überlege ich mir bis zum nächsten Mal. Und nein, um dir noch eine Antwort auf deine Frage zu geben: Wenn man nichts unternimmt, hört das nie auf.

Paulo Zedmic (43) hat als freier Unternehmer plötzlich Aussicht auf jede Menge neuer Kapazitäten. Er überlegt sich, im gewonnenen Freiraum eine Tanzschule zu eröffnen.

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