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Am Anfang waren es fünf, dann kam noch der kleine Nils dazu. Nun ist Herr Zedmic sie schon fast alle wieder los. |
Paulo Zedmic: Nein, das ist die Mühe nicht wert. Ich komme gerade von der Entsorgungsanlage,
wo ich die Mulde mit der gesamten Einrichtung all meiner verlorenen Zöglinge ausgekippt habe. Alles in globo, von Feliz’ Plüschtieren bis zu alten Playstations sowie jede Menge Redbull-Alu-Büchsen von Louis und Achim, samt dem ganzen Mobiliar. Es gab eine halbe Tonne Material, Kollege Hans lieh mir den Lastwagen. Sortieren hätte nur unnötig Zeit verbraucht, dafür haben sie im Werkhof ja tatkräftige Fachkräfte herumstehen. Jedenfalls scheinen mir die Köpfe dort einiges heller als jene der feinen Damen vom Sozialamt, Abteilung Kindsentzug, aber dazu später. Die Entsorgungsaktion hat überhaupt nicht weh getan und mein Haus ist jetzt leer, sowohl materiell wie auch menschlich, leider.
Idylle vor dem Sturm
Ich hatte ja gerade angefangen, mein neues Leben mit reduzierter Zahl Mündel zu geniessen.
Ich lebe ja nun schon mehr als 25 Jahre in der Schweiz, aber das erste Mal kam ich mir ein bisschen normal vor, alleinerziehend mit zwei Kindern. Fehlte nur noch ein Hund zur Musterfamilie, oder? Gut, vielleicht hätte ich dann auch einen einzigen Vollzeitjob gebraucht statt meiner diversen Allrounder-Aufgaben. Aber wenigstens habe ich so nun etwas zu tun. Ich hatte sie wirklich gern in letzter Zeit, meine zwei verbliebenen Kindsköpfe Nils (1) und Linda (19).
Linda war ja immer eine grosse Hilfe, wenn sie mal da war, nicht nur als Schreibkraft im Haus. Sie feierte auch noch ihren Geburtstag bei mir im Keller mit einer grossen Sause und ich durfte DJ sein.
Das war das letzte Mal, dass sie zu Hause war. Ist das der Dank für all meine Fürsorge? Mein Freund Basil, der Philosoph, tröstete mich wieder einmal. Er sagte mir auch von Mann zu Mann, er sei wirklich immer beeindruckt gewesen von meinem Pragmatismus und dem Laissez-Faire in der Erziehung.
Ist doch wahr: Dass meine Linda auf eigenen Beinen steht, rechne ich ganz meiner Strategie des Schupfs in die Selbstständigkeit an. Jetzt ist sie weg, das hat man halt davon, wenn man die Arbeit gut macht.
Rücksichtsloser Entzug
Auch der kleinste Nils ist ja in so einem handlichen Alter, ein richtiger Schatz. Ich hab ihn überall mitgenommen wie früher seine Schwester Feliz. Wir hatten rund um die Uhr Spass zusammen bei der Arbeit, in diversen Fun-Geräten: In den frühen Morgenstunden beim Austragen der ‹Nebelspalter›-Hefte sass er im Maxi-Cosi auf dem Zeitschriften-Rollwagen. Im Hallenbad planschte er im Weidenkörbli des Nichtschwimmerbeckens, angeseilt im Spezial-Sicherheitsgurt Marke Eigenbau. Und natürlich hab ich auch am Rasenmäher des FC einen Kindersitz mit Windelbox montiert,
dass der Kleine immer beim Papi ist, wenn er etwas braucht.
Beim Pokern in meiner Lieblingsbar bei Beny’s habe ich ihm extra auf dem unteren Regal des Schnapsbar-Trolleys ein Bettchen eingerichtet. So konnte ich ihn von Tisch zu Tisch mitziehen und hatte das Wichtigste immer in der Nähe. Ich hatte gerade eine Glückssträhne, frischen Schnaps eingeschenkt, Nils schlief friedlich, als die Polizei Beny’s Lokal stürmte. Heimat, wie frei ist
dieses Land?! Für ein bisschen Spiel und Spass wurde ich verhaftet, der ganze Gewinn ging an den Staat. Und meinen Nils habe ich seither nie gesehen. Die Damen vom Sozialamt haben ihn konfisziert und wollen mir partout nicht sagen, wo er ist. Verstehen Sie das?
Paulo Zedmic hat nicht unbedingt weniger Ärger, obwohl er nun keine Kinder mehr hat. Statt Babybadeschaum braucht er seit Kurzem Haarfärbemittel.
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echt? danke!