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Eine Ohrfeige hat noch keinem geschadet, meint der Volksmund. Das ist eine kurzsichtige Erziehungsmethode. |
Leider kann ich hier nicht verkünden, dass mir die Hand noch nie
ausgerutscht ist. Doch ich schäme mich dafür, auch dass es ab und zu vorkommt,
die offene Provokation des Kindes. Besonders mit Zweijährigen bin ich schwer
überfordert, ich gebe es zu. Sie haben eine Art zu argumentieren, die mich auf
die Palme bringt. Instant, radikal unvernünftig! Und die Lösung ist so
verführerisch, die körperliche Überlegenheit so krass, zudem kann man ja nicht
ewig warten, man ist in der Pflicht, den Tarif durchzugeben: Also bist du nicht
willig, so brauch ich Gewalt.
Heute
Morgen war es mal wieder so weit, mea culpa. Eine unbeherrschte
Grenzüberschreitung meinerseits. Nein, ich habe mein Kind nicht geschlagen. Ich
habe den trötzelnden Buben nur unter den Arm geklemmt und gegen seinen Willen
auf dem Velositz befestigt, um ihn, wie es das Montagritual vorsieht, auf dem
Weg ins Büro in die Kita zu fahren. Nur
wollte der Kleine heute Morgen einfach nicht. Er hatte keine Lust und machte
seinen Standpunkt schnell klar. Es ist ja nicht so, dass er seinen Willen nicht
klar argumentieren könnte, nein, im Gegenteil: Für einen gut zweijährigen äusserte
er sogar recht vernünftig den Wunsch,
Ich will da bleiben und spielen. Dann, als dieser Vorschlag auf ein müdes
Lächeln unserseits stiess, wollte er stattdessen mit Mama zur Arbeit zu fahren.
Schliesslich
hatte er das ganze lange Wochenende ganz allein mit ihr verbracht, ein
Traumwochenende für so einen kleinen Mamihöck. Und ich nehme es ihm überhaupt
nicht übel, dass er mich kaum vermisst zu haben scheint. Ich sehe sogar
grosszügig darüber hinweg, dass er mich grundlos kritisiert, nur aufgrund
meiner Anwesenheit beim Frühstück, die ihn offenbar in seiner mütterlichen
Idyllie stört. Nun müssen wir aber los, anziehen geht noch, trotz Zeitdruck,
leider ist die Mama auch noch da, sie ist aber mit den grösseren zwei
beschäftigt.
Theoretisch
ist ja das eine liebreizende Idee, dass man mal mit der Mama zur Arbeit fahren
möchte. Das wäre bestimmt interessant und liesse sich vielleicht einmal
einrichten – aber ein andermal. Jetzt müssen wir los. Wim besteht auf seinem
Standpunkt, unverrückbar.
Hier
treffe ich in meiner elterlichen Entscheidungsgewalt eine Entscheidung:
Grenzüberschreitung: Ich packe ihn, schleppe ihn auf das Velo und fessle ihn
relativ unsanft, den Schnudderi, auf das Sitzli vom Velo. Immer beherrscht,
aber bestimmt, ihm gut zuredend, die Wonnen eines Kitatages ausschmückend.
Dialog
ist immer besser, Vernunft ist gut. Trotzdem: Das Geschrei hört selten auf,
wenn man ein Kleinkind unter den Arm klemmt und mit ihm fortmarschiert. Es geht
erfahrungsgemäss erst richtig los. Und ich würde schon sagen, dass man, wenn
man nicht den riskiert, den Willen zu brechen doch, riskiert, dass das Kind
einen Knacks kriegt. Und die Regeln der Sozialisation bestimmen, dass genau das
weiter geht, von Generation auf die nächste. Und wenn man pech hat wird es zum
Bumerang, weil der kleine ja irgendwann stärker sein wird. Man kann nur hoffen
und warten und warten und hoffen, dass er bis dann auch einigermassen zur
Vernunft gekommen ist.
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echt? danke!