Mittwoch, 6. März 2019

Der Fürst bestellt eine kleine Apfelfamilie

Ein neues Gerät, ein neues Leben? Das war einmal. Als Vater wird man vom Hersteller dazu ermuntert, alles digital mit der Familie zu teilen.

Mein neues Handy gebe ich nicht aus der Hand. Nein, das ist mein Spielzeug, sage ich den Kindern immer. Und da bin ich sehr streng. Niemand rührt es an, der nicht vorher fragt. Erst neulich kaufte ich mir ein neues Telefon, nur für mich! Ich liebe diese raren Momente, allein mit einem Gerät. Da tauche ich komplett ab, um an Einstellungen tüfteln und den Automaten zu justieren. Seltene Wonneminuten im Familienleben! Kein Mensch soll mich bitte dabei stören.
Nun fragt mich also mein neues Tool sehr nett, ob ich nicht eine Familie einrichten möchte. Mmh, aber wieso denn nur? Das sei sehr gäbig, folgt die Antwort. Damit könne man Musik, Bücher und Fotos sofort teilen: Alles für alle, sofort, wie im Kommunismus! Darüber hinaus wüssten alle Mitglieder der Familie auch stets, wo der Papa gerade steckt. Klar, das gescheite Telefon sendet ja auch Signale.
Also gut, warum nicht? Schliesslich sind die zwei Oberhäupter unserer Familie beide Fans des gleichen Systems. Der Januskopf der Elternschaft ist sich nur in wenigen Fragen einig, aber für meine Liebste und mich kommt seit Jahren nur Apple in Frage. Bisher hatten wir auch wenige Gründe, der grossen Weltfirma mit dem gesunden Logo zu misstrauen. An Apple a day keeps the doctor away. Also los, auf in die Applefamily, irgendwann brauchen die Kids ja eh auch eine Emailadresse.
Leider gerät mein Versuch, einen Familien-Account einzurichten, ins Stocken. Durch eine philosophische Fangfrage meines neuen Geräts: „Bestätigen Sie bitte, dass Sie der Organisator dieser Familie sind.“ Meinst es jetzt grundsätzlich oder wieso? Grosszügig sehe ich über die dumme Frage hinweg. Jeder flüchtige bekannte Mensch weiss, dass sicher nicht ich der Organisator bin. Aber das Gerät ist ja neu. Und aha, beim nächsten Schritt check ichs erst. Das pragmatische Fon will nur die Kreditkartennummer wissen. Meinetwegen, wenn das so ist, ja, dann bin ich halt der Organisator. Aber sicher! Leider habe ich die Kreditkarte gerade nicht zur Hand und muss das Einrichten der Familie auf unbestimmte Zeit verschieben.
Ich dachte schon, dass wäre es jetzt gewesen. Aber Apple vergisst ja nichts, im Nu kommt das Bestätigung-Email. Ups, wenn die Familie einmal eingerichtet, gibt es kein Zurück mehr. Es ist vorbei, die Zeit mit mir und meinem persönlichen Spielzeug. „Campo, herzlich willkommen bei der Familienfreigabe“, heisst es im Betreff. Ein Klick, und ich kann im Menü jederzeit „meine Familie verwalten“.
Nein danke. Wir teilen die Musik ja eh schon. Aber wir haben das Leben halt lieber analog. Wenn bei uns daheim zwei bis drei Plattenspieler gleichzeitig laufen, gibt das interessante Geräuschkonstrukte. Und weil die Knirpse das Vinyl nicht selber auflegen können, hat man auch jederzeit die volle Kontrolle über die Inhalte. Wir sind da sehr konservativ. Auch bei den Büchern: Haptisch, handfest, Hauptsache analog. Bücher die riechen, Eselohren als Lesezeichen, Altpapier. Die kann man auch gut wieder vertschutten, wenn sie vorgelesen sind.
Nur die Agenda, ja, das wäre automatisiert schon gäbig. Aber der Kühlschrank hat ja auch eine Kalenderfunktion. Das funktioniert. Wer sich nicht einträgt, ist selber schuld. Und für den Austausch von den Terminen des Tages ist ja der Morgenrapport am Zmorgetisch. Meistens ist eh alles anders als geplant, aber das ist eine andere Geschichte. Die Funktion «Familie verwalten» finde ich auch noch hübsch. Vielleicht schalt ich das mal ein. Aber zuerst esse ich jetzt einen Apfel.

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